Das Elend des Scheiterns
Der zerbrochene Krug auf Bonns Schauspielbühne

Foto: Thilo Beu

Bad Godesberg - Zum Lachen ist das eher nicht, was Heinrich von Kleist mit seinem als
Lustspiel oder oft gar als Komödie titulierten Klassiker mitzuteilen
gedenkt. Es sei denn, man hat sein zynisches Vergnügen an
vergleichsweise tragischen menschlichen Verwicklungen oder an
machtgeilen Menschen, die eben diese Macht benutzen wollen, um andere
zu beherrschen.

Schauspieldirektor Jens Groß inszeniert „seinen“ Kleist betont
puristisch. Weder Bühnenbild noch Text zeigen gnädige
Weichzeichnungen oder gar Verständnis für den Handlungsantrieb der
handelnden Personen. Werkgetreu wird man das nennen. Inhaltlich geht
es grob gesagt um einen Gerichtsprozess, bei dem der verantwortliche
Richter zugleich der Übeltäter ist. Diese Tatsache aber versucht er
zu leugnen. Vergebens.

Gleichwohl geht es nicht darum, einen Schuldigen - den Richter Adam -
dabei zu entlarven, wie er andere - hier Eve - erpresst und mit Fake
News für sich einzunehmen versucht und ins Bett zu zerren. Vielmehr
gibt Kleist einen eher deprimierenden Eindruck gesellschaftlicher
Missverhältnisse und mächtiger Falschnachrichten wieder, die
Menschen seelisch nachhaltig zerstören können. Es mag trösten, dass
die elendig agierende staatliche Obrigkeit entlarvt wird, hoffnungslos
scheitert und das anvisierte Opfer überlebt.

Ob das lustig ist oder zumindest komische Züge hat, möge jeder
Theaterbesucher selbst für sich entscheiden. Die nahezu brutal
naturalistische Inszenierung mit sehr textsicheren und engagierten
Schauspielern entließ so manchen Zuschauer verstört in einen
vorwinterlich kühlen Premierenabend.

Das Premierenpublikum spendete den hervorragend die Regieziele
umsetzenden Schauspielern anhaltenden verdienten und den besonderen
Wert der Aufführung schätzenden Applaus.

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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