Schülerinnen und Schüler schreiben ein Stück Stadtgeschichte
Jüdisches Leben in Bergheim erforscht

Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Bergheim suchen nach Spuren jüdischen Lebens in Bergheim - hier auf dem jüdischen Friedhof an der Bethlehemer Straße.  | Foto: Andrea Floß
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Geschichte muss nicht dröge sein, das haben Schülerinnen und Schüler des Q1-Zeitzeugen-Kurses der Gesamtschule Bergheim anlässlich der „Jüdischen Kulturwochen im Rhein-Erft-Kreis“ in einem interkulturellen Projekt mit dem Stadtarchiv und der Stadtbibliothek Bergheim gelernt. Auf der Suche nach Spuren jüdischen Lebens in Bergheim nahm Stadtarchivarin Sara Toschke die Schüler mit auf eine spannende Zeitreise. Recherchearbeiten, Familienforschung, die Vertonung von Briefen, Interviews und Einblicke in den Alltag jüdischen Lebens früher und heute standen im Mittelpunkt der Projektwoche vom 4. bis zum 8. Oktober 2021. „Hauptquartier“ war die Stadtbibliothek mit ihrem vielfältigen Medienangebot zum Thema, von hier aus besuchten die Jugendlichen auch den jüdischen Friedhof in Bergheim und die Verlegung von 13 Stolpersteinen zum Gedenken an deportierte Familien in Fliesteden, Nieder- und Oberaußem.

„Viel ist über jüdisches Leben in Bergheim nicht bekannt – die Schülerinnen und Schüler schreiben ein Stück Stadtgeschichte und helfen mit, dass diese Dinge nicht in Vergessenheit geraten“, so Sara Toschke, die das Bergheimer Stadtarchiv letztes Jahr mitten in der Corona-Pandemie übernahm. Ziel ist es, die historischen Fakten und Geschichten für künftige Generationen festzuhalten, auf der städtischen Webseite zu dokumentieren und in den kommenden Jahren weiter fortzuschreiben. Geburtsurkunden, Ratsprotokolle und andere Archiv-Dokumente bieten Aufschluss. Mucksmäuschenstill wurde es, als sie den 17- bis 18jährigen über die Deportationen in der Zeit des Nationalsozialismus berichtete: „Die Kinder waren teilweise jünger als ihr.“ Ein Jahrbuch des Bergheimer Geschichtsvereins berichtet beispielsweise über den vielfach engagierten Ehrenbürger Sally Simons aus Quadrath, der mehrere Konzentrationslager überlebte und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in seine alte Heimat zurückkehrte – wie auch seine Nichte Rosa Eckstein aus Ichendorf, zwei von insgesamt nur drei Überlebenden aus Bergheim.

Jüdisches Leben in Bergheim endet nicht mit dem Holocaust, auch wenn es hier keine Gemeinde mehr gibt: Bei einem Workshop mit Inessa Bergs von der Ballettschule Belaro lernten die Jugendlichen jüdische Tänze und Bräuche kennen – die Ergebnisse werden am 3. November 2021 um 18 Uhr im feierlichen Rahmen mit im Bürgerhaus Quadrath-Ichendorf präsentiert. Inessa Bergs, 1979 in Kiew in der Ukraine geboren, ist selbst Jüdin, und kam in den 90er Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Aus Angst vor Diskriminierung hing die Tanzpädagogin ihre Religion nie an die große Glocke, ihre Tochter, 15, soll selbst entscheiden und wuchs „wie in einem Kokon“ auf. Dass sie jetzt die Traditionen und pure Lebensfreude der jüdischen Kultur im Tanzen weitergeben kann, findet sie großartig und hofft durch das Projekt Vorurteile abbauen zu können. Menschen, die etwas zum vergangenen, aber auch aktuellem jüdischen Leben in Bergheim beitragen können, werden weiter gesucht.

Kontakt: Stadtarchiv Bergheim telefonisch unter 02271/89211, Stadtbibliothek Bergheim unter 02271/89368 sowie unter der E-Mail-Adresse Juedisches-Leben@Bergheim.de

LeserReporter/in:

Andrea Floß aus Bergheim

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