Wesseling bringt sich mit Bürgerwerkstatt zum Thema Klimaschutz ein. Die Veränderungen im Verhalten fangen im Kopf an.
Klimaschutz geht uns alle an

Diskussionsgruppe 
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Auf Initiative der Stadt Wesseling fand in Kooperation mit der ewko-Energiewendekommunikation am 8. November im Rheinforum eine Bürgerwerkstatt zum Thema Klimaschutz statt. Das Klimateam setzte sich zusammen aus Bürgermeister Erwin Esser, dem Ersten Beigeordneten Gunnar Ohrndorf, Ulrike Belling (Wirtschaftsförderung), Marcus Adrian (Immobilienmanagement), Judith Hawig (Stadtentwicklung), Olaf Krah und François Breuer (Stadtwerke) und Thomas Bloch (ewko).

Bei seiner Begrüßung betonte Bürgermeister Esser, dass der Klimaschutz uns alle angeht. Er verwies auf die Starkregenereignisse 2010 und 2018, die den Dickopsbach in Wesseling ansteigen ließen und die Keller überschwemmten. Mit dem Pariser Abkommen nahmen sich 195 Länder vor, den Anstieg der Durchschnittstemperatur weltweit auf deutlich unter 2 ⁰C zu senken. Man kann die Maßnahmen nicht allein der Großindustrie, kleinen und mittleren Unternehmen überlassen, sondern auch die Städte und Kommunen mit ihren Bürgerinnen und Bürgern sind gefordert, gemeinsam ein vom Bund gefördertes Klimaschutzkonzept zu erarbeiten. Folglich war das Ziel der Bürgerwerkstatt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für dieses lebenswichtige Thema zu sensibilisieren.

Als Entree wurde ein in die Zukunft weisender Film der Firma Ford gezeigt über die Vision im Jahre 2050 einer angestrebten gesunden Atmosphäre im Verkehr. Durch Elektrofahrzeuge wird Smog vermieden, Begrünungen gedeihen und erzeugen den notwendigen Sauerstoff. Das Publikum war vom Alter her gemischt, auch Schülerinnen und Schüler der Chemie-AG der Albert-Einstein-Realschule mit ihrer Lehrerin waren anwesend. An drei Themen-Tischen Leben und Konsum (Moderation Ulrike Belling), Stadtentwicklung (Moderation Judith Hawig) und Mobilität (Moderation François Breuer) entwickelte das Publikum gemeinsam Visionen und konkrete Maßnahmen, wie ein Klimawandel abgewendet werden kann.

Die Gedanken sind frei, und erstaunlich viele Ideen und Anregungen wurden von den Moderatoren notiert. Beim Thema Leben und Konsum wurde überlegt, wie man Kundinnen und Kunden vom Kauf von Billigkleidung abhalten kann, denn eine Änderung des Kaufverhaltens fängt im Kopf an. Bildung, Bewusstseinsänderung und wiederholte Überzeugungskraft führen zum Umdenken und Boykott. Inzwischen erhält die Textilindustrie für ihre Billigproduktionen viel Kritik. Sie produziert unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen der Textilarbeiterinnen und –arbeitern in Bangladesch (siehe den Brand der Fabrikhalle Rana Plaza mit 1000 Toten). Teurere Qualität hält länger und erzeugt beim Kunden auch ein besseres Gewissen. Nachhaltigkeit ist das Zauberwort beim Konsumenten. Man greift zu Einkaufskorb, recycelbaren Verpackungen oder waschbaren Leinenbeutel und verzichtet auf Plastik, das nicht nur Meeresfische verhungern lässt, sondern auch permanent als Mikroplastikpartikel im Magen des Menschen landet. Maßnahmen zur Verbesserung sind auch der Kauf regionaler Produkte und Frequentierung einer Tauschbörse. Ebenso hilft die Digitalisierungn heute bereits, Papier und Schreibmaterialien zu sparen.

Die heutigen Defizite in Städten sind betonierte Vorgärten, viele unsanierte Häuser, Verkehrslärm und Luftbelastung. Am Thementisch Stadtentwicklung entstanden Visionen von einem gesunden Lebensumfeld, ruhigem Wohnen, keinen Parkplätzen mehr und nachbarschaftlichen Stadtgemeinschaften. Ein Kölner Student erzählte, dass er mit 24 Kommilitonen in einem Haus wohne. Damit nicht jeder von ihnen den Herd täglich in Anspruch nimmt, hatte er für 18 € Gemüse gekauft und einen großen Topf Suppe für acht Personen gekocht. Entsprechende Maßnahmen wären ebenso begrünte Schallschutzwände und gut ausgebauter Nahverkehr. Erstrebenswert ist die Stadt der kurzen Wege; indem sich optimal alles zu Fuß oder per Fahrrad erreichen lässt.

Am Thementisch Mobilität wurde u.a. gefragt, ob man sich vorstellen könne, im Jahre 2050 kein Auto mehr zu besitzen. Die Erwachsenen neigten zur Abstinenz, wenn bestimmte Faktoren gewährleistet sind, z.B. Anlieferungen von Einkäufen, professionelle Carsharing-Organisationen, gut erreichbare Züge und Straßenbahnen. Ein Diskutant erzählte, dass man in Stockholm kostenlos Straßenbahn fahren könne. Ergo könne man das Auto gern missen. Eine Quizz-Frage im Fernsehen lautete, wie lange ein Auto täglich durchschnittlich bewegt wird. Antwort: nur eine einzige Stunde, 23 Stunden steht es still. Erstaunlich war, dass die Schülerinnen und Schüler auf keinen Fall auf ihr späteres Auto verzichten möchten. Vielleicht muss man auch manchmal an seinem Egoismus arbeiten. Aber für niemanden ist das leicht. In vielen Fällen überschnitten sich die Wunschvorstellungen in den drei Lebensbereichen; durch Förderung der E-Mobilität entsteht Ruhe in den Städten, die Luft wird wesentlich verbessert und die Gesundheit gefördert.

Olaf Krah, der die Leitung des Klimateams inne hat, berichtete, dass dieses Team aus Verwaltung, Stadtwerken und der ewko bereits eine Energiebilanz und eine Ist-Analyse für Wesseling erstellt habe. Thomas Bloch von ewko betonte die Vorbildlichkeit, dass in Wesseling das Thema Klimaschutz bei Bürgermeister und Erstem Beigeordneten angegliedert ist. Im weiteren Prozess sei es wichtig, dass die Kommune die Rahmenbedingungen setzt und alle in der Stadtgesellschaft gemeinsam das Thema tragen.

Bei dieser ersten Klimaschutz-Bürgerwerkstatt sind weit mehr Informationen, Überlegungen und Vorschläge geflossen, als hier berichtet werden kann. Solche Veranstaltungen bilden weitere Vorbereitungen auf den Sinneswandel im Thema Klimaschutz. Bis zum Jahr 2050 ist es ein großer Sprung, aber ein allmähliches Hineinwachsen in die Verantwortung für die Verhinderung des Klimawandels beginnt hier und jetzt. Jeder Tropfen höhlt den Stein.

LeserReporter/in:

Helga Rost aus Wesseling

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