Wald vor 50 Jahren und heute
Die Zeit für Platanenalleen und Fichtenforste ist vorbei

So wie eine Stadt nicht nur eine Ansammlung von Häusern ist, so ist auch ein Wald weit mehr, als eine Ansammlung von Bäumen. Beides sind komplexe Lebensräume. | Foto: Robels
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  • So wie eine Stadt nicht nur eine Ansammlung von Häusern ist, so ist auch ein Wald weit mehr, als eine Ansammlung von Bäumen. Beides sind komplexe Lebensräume.
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Köln - (sr) Vor rund 50 Jahren wurden Fichten gepflanzt, die nach rund 60 bis
70 Jahren geerntet werden sollten. Fichten, die saurem Regen
ausgesetzt waren und jetzt in Massen absterben. Auch ist es rund 50
Jahre her, dass die Platanen die Lösung für viele Probleme zu sein
schienen. Sie galten vor 50 Jahren als „industriefest“. Das
heißt, sie gedeihen selbst bei großer Luftverschmutzung und halten
einiges an Trockenheit aus. Das ist auch einer der Gründe, warum in
Neubaugebieten der 1970er-Jahre die Platane der häufigste
Straßenbaum war. Aber auch sie sind heute zunehmend krank. Denn
selbst den robusten Platanen ist es zu trocken. „Die Bäume haben
genau wie wir Abwehrkräfte. Sind diese geschwächt, werden sie für
ihre Schädlinge leichter angreifbar“, weiß Dr. Joachim Bauer,
Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e. V.
und des Haus des Waldes. Handelt es sich dann noch um Monokulturen,
sterben gleich ganze Wälder mitsamt ihrer Bewohner.

Das alles war bereits vor 50 Jahren bekannt. Auch war bekannt, dass
Bäume das Kohlendioxid aus der Luft atmen, um den Kohlenstoff in
Blätter, Stämme, Blüten zu verwandeln. Den dabei freiwerdenden
Sauerstoff atmen sie zur Freude von Mensch und Tier wieder aus. Dazu
bestehen Pflanzen überwiegend aus Wasser, was nichts anderes heißt,
als „sie sind Wasserspeicher“. Sie kühlen im Sommer und wärmen
im Winter. Nicht umsonst lieben wir unsere Wälder. Dort haben wir das
Gefühl, wir können besser atmen, bekommen mehr Sauerstoff, sind
geschützt vor fast jedem Wetter. Und weil wir in den gemäßigten
Breiten leben und viele sehr gut Böden haben, wächst der Wald sehr
schnell. „Die Wahner Heide zum Beispiel wäre sehr schnell wieder
ein dichter Wald, wenn wir aufhören, ihn zu bewirtschaften. Das wäre
auf der einen Seite super, auf der anderen Seite würden auch viele
seltene Arten absterben, was wir sicher nicht wollen. Das Artensterben
ist eines der größten Probleme unserer Zeit, vielleicht sogar das
größte“, sagt Dr. Bauer.

Der Wald ist schon immer von großer Bedeutung für uns. Aufforstungen
gibt es bereits seit Jahrhunderten. Was hat sich also in den
vergangenen 50 Jahren geändert? „Wir zahlen heute für die Fehler
von damals. Wir haben in den vergangenen 50 Jahren viel dazugelernt.
Wir wissen um die Vielschichtigkeit, die Komplexität der Natur und
haben noch nicht annährend begriffen, wie alles genau zusammenhängt.
Wir wissen, dass jede Monokultur früher oder später untergeht. Wir
wissen, dass Bäume genauso stressempfindlich sind, wie andere
Lebewesen. Sind sie Dauerstress ausgesetzt, wie Trockenheit oder
Autoabgasen, werden ihre Abwehrkräfte schwächer. Wird das Klima
wärmer, werden sich manche Arten anpassen und andere Arten
durchsetzen. Ändert sich das Klima zu schnell, klappt das mit dem
Anpassen nicht mehr so gut.“ Aufforsten sei unabdingbar, dabei
müsse der schnelle Klimawandel eine große Rolle spielen.

So wie eine Stadt nicht nur eine Ansammlung von Häusern ist, so ist auch ein Wald weit mehr, als eine Ansammlung von Bäumen. Beides sind komplexe Lebensräume. | Foto: Robels
Dr. Joachim Bauer und Karin Merten von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V. setzen sich für den Erhalt und das Wachstum von Wäldern ein. | Foto: Robels
Redakteur/in:

Sabine Robels aus Köln

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